Mit Avataren gegen Fake News

Bünder Lehrpersonen arbeiten eng mit Radiotelevisiun Svizra Rumantscha (RTR) zusammen, damit sich die nächste Generation im Mediendschungel zurechtfindet und gegen Fake News gut gerüstet ist. Neuestes Projekt: Ein virtuelles News-Studio.

Ein besonderer Schulmorgen steht in Brigels an: Die gesamte Oberstufe darf an einer virtuellen Studioführung teilnehmen. Am eigenen Laptop suchen sich die rund 30 Schüler:innen ihren Lieblingsavatar aus und strömen dann in die virtuelle Lounge. Dort machen sie sich zunächst mit ihrem Avatar vertraut und probieren die Steuerung aus – ein Salto da, ein besonderer Move dort. Im virtuellen Raum warten jedoch wichtige Inhalte: Wie erkennt man Fake News? Was sind konkrete Beispiele, was sind die Folgen?

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Unser Ziel: Die Schülerinnen und Schüler bei ihren Interessen abholen und sie im Umgang mit Fake News sensibilisieren.»
Flavio Bundi, Chefredaktor von RTR

Der Besuch im virtuellen Studio ist eines von mehreren Projekten, die Radiotelevisiun Svizra Rumantscha (RTR) für Schulen anbietet (siehe Box). In die Vorbereitung dieses besonderen Morgens flossen viele Überlegungen und Konzeptarbeit. «Die Ausgangsfrage war: Was ist Service Public für junge Menschen?», erklärt Flavio Bundi, Chefredaktor von RTR und verantwortlich für das Projekt. Eine Antwort auf diese Frage sei die Förderung der Medienkompetenz. «Unser Ziel: Die Schülerinnen und Schüler bei ihren Interessen abholen und sie im Umgang mit Fake News sensibilisieren. Denn das ist eine grosse Herausforderung in unserer schnelllebigen Newswelt. Gerade für Jugendliche.»

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Flavio Bundi, Chefredaktor von RTR

Spielerisch sensibilisieren

Die virtuelle Lounge entspricht exakt dem realen SRG-News-Studio im Medienhaus in Chur. Das Unternehmen Bandara, spezialisiert auf virtuelle Inhalte, hat das Studio ausgemessen und als virtuellen Raum erschaffen. Nun warten auf die Schüler:innen in der Lounge Vorträge, Diskussionen, Videos, Audio-Beiträge und Grafiken, die zuvor von den Produzenten aufgeschaltet wurden. Es gibt gar einen eigenen Social-Media-Raum, der immer wieder mit einem Schwall von Posts geflutet wird, um die schiere Nachrichtenmenge zu demonstrieren.

Die virtuelle Lounge entspricht exakt dem realen SRG-News-Studio.

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Das ist echter Service public.»
Ivo Fry, Oberstufenlehrer in Brigels

Ivo Fry, Oberstufenlehrer in Brigels, hat mit seinen Klassen schon an echten Studioführungen teilgenommen. «Für einmal ohne Anreise direkt im Studio zu landen, vereinfacht vieles», sagt er. «Der virtuelle Besuch holt die Jugendlichen zudem in ihrer eigenen Erfahrungswelt ab und sensibilisiert sie auf spielerische und spannende Art für ihren Medienkonsum.» Von der journalistischen Kompetenz und echten Beispielen aus dem Haus RTR zu profitieren, unterstütze die Schule bei ihren Bemühungen in diesem Bereich, sagt Fry. «Das ist echter Service public.»

Neue Beziehungen im Medienhaus RTR

Auch RTR-Chefredaktor Flavio Bundi sieht Vorteile: «Neben der Medienkompetenz, die wir fördern und unterstützen, schaffen wir Wow-Erlebnisse und eine Beziehung zur jüngeren Generation.» Solche Begegnungen seien nachhaltig. «Das sehen wir, wenn Lehrlinge oder Bewerbende später bei uns anklopfen und von genau solchen direkten Kontakten erzählen.»

An der Oberstufe in Brigels sind die Rückmeldungen zum virtuellen Studiobesuch auf jeden Fall vorwiegend positiv: «Mir hat es gefallen, dass man mit einer Figur rumlaufen und Aufgaben lösen konnte.» Oder: «Lernstoff wie in einem Videospiel büffeln: cool.» Andere Schüler:innen denken bereits an die nächste Pandemie und würden virtuellen Unterricht begrüssen – zumindest teilweise. «Nur so zu lernen, kann ich mir aber nicht vorstellen. Man hat keine direkte Kontaktperson und niemand merkt, ob man zuhört oder nicht.» Das Fördern von kritischem Denken und Hinterfragen trägt offenbar schon erste Früchte, nicht nur mit Blick auf Fake News.

Angebote von RTR für Schulen

Medienkompetenz für Oberstufenschüler:innen:
In diesem Tagesworkshop produzieren Oberstufenschüler:innen eigene Beiträge. Die Jugendlichen arbeiten kreativ und besprechen Themen wie Fake News, Partizipationskompetenz oder die Wirkung von Games.

Einblick in die Medienwelt für Primarschüler:innen:
Die Kinder schaffen von A bis Z eine eigene Sendung, von der Themenplanung über die Recherche bis zur Produktion. Dabei lernen sie etwa, welche journalistischen Regeln wichtig sind oder wie man kreativ Geschichten erzählt.

Projektwoche für Jugendliche:
In dieser Projektwoche machen Jugendliche eigene Sendungen. Sie legen die Themen fest, recherchieren und produzieren. RTR unterstützt sie dabei und fördert die Anwendungs- und Partizipationskompetenz.

Besuch im virtuellen Studio:
Schüler:innen lernen beim Besuch im virtuellen Studio unter anderem, Fake News zu erkennen und werden auf spielerische Weise für ihren Medienkonsum sensibilisiert.

Entdecken Sie hier alle medienpädagogischen Angebote von RTR.

Daniela Huwyler, Dezember 2023

Kommentar

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