«Bilder aus dem Krieg sind Teil der strategischen Kriegsführung.»
Trotz oder gerade aufgrund von Zeitdruck, heiklen Kriegssituationen, Deepfakes und der Schnelllebigkeit der sozialen Medien muss der Anspruch an die Informationsqualität hoch bleiben. Wie die Journalist:innen der SRG diesen Anspruch umsetzen.
Die Ereignisse überschlagen sich im SRF-Newsroom. Bilder von Agenturen wie Associated Press (AP), Agence France-Presse (AFP) oder European Broadcast Union (EBU) laufen über den Monitor. «Man muss flexibel und schnell sein, immer korrekt und zugleich ausgewogen auch bei politisch heiklen Themen – da hilft Erfahrung», sagt eine langjährige Newsjournalistin.
Trotz Zeitdruck sollte eine Meldung, die für die Nachrichten verwendet wird, von mindestens zwei verschiedenen Agenturen bestätigt sein. Ist dies nicht der Fall, gilt mindestens das Vieraugenprinzip. Die Nachricht wird vom Kollegen, der Produzentin und allenfalls vom Chef vom Dienst (CvD) geprüft.
«Wichtig ist, die Quelle anzugeben. Wir weisen aus, wenn eine Nachricht nicht bestätigt oder verifiziert werden konnte. In kritischen Fällen senden wir sie nicht», erklärt die Newsjournalistin. Im Zweifelsfall auch einmal auf eine Meldung zu verzichten, gehört zu den journalistischen Aufgaben, denn: «Hat man einmal die Glaubwürdigkeit verloren, ist es schwierig, sie wieder zu erlangen.»
Hinter jedem Bild steht eine Absicht
Ein kritisches, erfahrenes Auge kann helfen, Inhalte aufzudecken, die so nicht stimmen können. Michael Rauchenstein, Journalist und Moderator bei der Tagesschau sagt: «Taucht beispielsweise in einem muslimischen Gebiet plötzlich eine Kirche auf, kann etwas nicht stimmen.»
Bei Unsicherheiten in Bezug auf Glaubwürdigkeit und Echtheit der Bilder werden auch die Korrespondenten vor Ort hinzugezogen. «Oder wir wenden uns an den internen Faktencheck»,so Rauchenstein. Das Faktencheck-Team besteht aus erfahrenen Journalist:innen, denen zur Verifizierung von Informationen spezielle Hilfsmittel zur Verfügung stehen. Etwa zum Aufnahmeort von Videos oder der Herkunft von Autorschaften.
Offizielle Nachrichtenagenturen sind zertifiziert und deshalb in aller Regel glaubwürdig. Heikler sei es mit Filmmaterial von Social Media, sagt Rauchenstein. Zwar seien diese Bilder wichtig, da sie eine andere Sichtweise zeigen könnten. Beispielsweise auf die Proteste im Iran oder das Kriegsgeschehen in der Ukraine oder Russland.
Doch nicht immer ist es möglich, die Echtheit des Materials zu überprüfen: Ist die Situation tatsächlich so desolat? Kann vom erschöpften Soldat auf die ganze Truppe, gar auf die gesamte Armee geschlossen werden? Oder ist alles inszeniert?
Gerade in Konflikten und Kriegen sind Bilder Teil der Kriegsführung und Strategie. Dies gelte es immer im Hinterkopf zu behalten und die nötige Distanz zu bewahren, so Rauchenstein. Umso wichtiger sei es auch in diesen Fällen, die Quelle zu nennen oder auszuweisen, dass es sich um private Aufnahmen aus dem Netz handelt.
Qualität ist nicht subjektiv
«Angesichts der Macht der sozialen Medien und des Risikos von Falschinformationen sind Service-public-Medien notwendiger denn je», sagt SRG-Generaldirektor Gilles Marchand. «Insbesondere, um eine qualitativ hochwertige Produktion der Leistungen zu gewährleisten.»
Klare und messbare Qualitätskriterien sind im Journalismus festgelegt. Die SRG-Unternehmenseinheiten haben für die journalistische Arbeit publizistische Leitlinien definiert. So ist unter anderem klar festgelegt, wie mit der Darstellung von Kriegsopfern umzugehen ist. Und dass die Quelle von Bildmaterial ausgewiesen werden muss.
Auch externe Fachgruppen nehmen solche Qualitätsüberprüfungen vor. Ein Beispiel dafür ist das sogenannte Qualitätsaudit der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW). Die Nichtregierungsorganisation Reporter ohne Grenzen wiederum setzt sich für ein Label ein: das JTI-Zertifikat (Journalism Trust Initiative). Um dieses zu erhalten, müssen Medienorganisationen ihre redaktionellen Prozesse überprüfen und die Resultate offenlegen. Dies hat beispielsweise SWI swissinfo.ch, der internationale Onlinedienst der SRG, getan – und wurde mit dem JTI-Zertifikat als vertrauenswürdige Nachrichtenquelle ausgezeichnet.
Das Publikum als Korrektur
Auch der Dialog mit dem Publikum ist Bestandteil der Qualitätssicherung im Journalismus. «Unsere Communities teilen ihre Expertise und tragen auch so zur Vertiefung der Beiträge bei», sagt SWI-Direktorin Larissa Bieler.
Sicher ist: Trotz allen Sorgfaltskriterien, publizistischen Leitlinien und Faktenchecks können Fehler passieren. «Glaubwürdig sind diejenigen, die offen zu Fehlern stehen und rasch korrigieren, was korrigiert werden muss», so Bieler.
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Daniela Huwyler, Mai 2023