Newstest: Spielerisch die Nachrichtenkompetenz testen

Fake News von Fakten und Nachrichten von Werbung unterscheiden: Mit dem Newstest kann man den eigenen Umgang mit Informationen im Internet überprüfen. Das von der SRG mitentwickelte Tool gibt es inzwischen als Kurzversion für Schulen. Ein gutes Werkzeug, um bei Jugendlichen die Nachrichtenkompetenz zu stärken, finden Lehrpersonen.

Gibt es einen Kodex für Journalist:innen, der Rechte und Pflichten festlegt? Dürfen Nachrichten über Bundesrät:innen nur nach Genehmigung durch die Bundeskanzlei veröffentlicht werden? Und haben Netflix und Spotify eigentlich einen öffentlichen Auftrag?

Insgesamt 28 solcher Fragen stellt der Newstest, der von der SRG, dem Verein Politools, dem Verlegerverband Schweizer Medien und der Stiftung Mercator Schweiz lanciert wurde und seit Oktober 2023 online ist. Der digitale Selbsttest überprüft und fördert auf spielerische Art und Weise die Nachrichtenkompetenz von Jugendlichen und Erwachsenen. Die Fragen decken fünf Themenbereiche («Navigieren», «Beurteilen», «Fakten checken», «Mitreden», «Wissen & Verstehen») ab und helfen, den persönlichen Umgang mit Nachrichten im Internet zu ermitteln. Zur abschliessenden Auswertung gehören ausserdem praktische Hilfsmittel und Tipps zur Stärkung der Nachrichtenkompetenz.

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Berufsschüler:innen testen ihr Medienwissen.

SRG

Test öffnet vielen die Augen

Der Test entstand im Rahmen der ersten Schweizer Medienkompetenz-Studie «Die Medienkompetenz der Schweizer Bevölkerung» und basiert auf einer Vorlage aus Deutschland. Die SRG verhalf dem Projekt unter anderem zu einer grösseren Reichweite und übernahm beispielsweise die Aufgabe der Übersetzung in andere Landessprachen.

«Der Newstest vermittelt ein erstes Bild darüber, wo man in Sachen Medienkompetenz steht», sagt Carine Hunziker, die bei Politools für die technische Umsetzung zuständig ist. «Das öffnet vielen Leuten die Augen.» Denn heute sind die im Internet verbreiteten Informationen selbst für medienaffine Menschen oft schwierig zu filtern – und einer Fehlinformation passiert oft schneller als gedacht.

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Carine Hunziker ist für die technische Umsetzung des Newstest zuständig.

zVg

Zur kritischen Mediennutzung sensibilisieren

Seit dem Frühjahr 2025 steht eine Kurzversion des Tests zur Verfügung, die sich an Schulklassen richtet. Der Newstest sei ein sehr gutes Mittel, um Schüler:innen in Themen wie Fake News einzuführen und ihre Nachrichtenkompetenz zu stärken, bestätigen Lehrpersonen, die ihn in ihrem Unterricht eingesetzt haben.

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Der Newstest sensibilisiert die Schüler:innen für eine kritische Mediennutzung.»
Sandra Uhlmann, Lehrerin am Berufsbildungszentrum Olten.

So beispielsweise Sandra Uhlmann, Lehrerin am Berufsbildungszentrum Olten. Ihrer Erfahrung nach sind die Jungen in der Regel gut darüber informiert, dass es Fake News gibt. «Aber», sagt sie, «wenn es ihnen gut ins eigene Denken passt, glauben sie den Schlagzeilen trotzdem gerne. Solange etwas ihre Meinung widerspiegelt, hinterfragen sie die Nachricht oft nicht.» Der Newstest sensibilisiere die Schüler:innen für eine kritische Mediennutzung, so Uhlmann.

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Sandra Uhlmann ist Lehrerin am Berufsbildungszentrum Olten. Im Rahmen von miyidea.ch hat sie weiterführendde Aufgaben zum Thema Fake News mit entwickelt.

Michi Steiner

Der Test weist Teilnehmende aber nicht nur auf mögliche Fallen hin, sondern ermahnt sie auch zur Eigenverantwortung. So zeigt er zum Beispiel den Screenshot eines reisserischen Videotitels und fragt: «Du bekommst das Video von einer guten Freundin zugeschickt. Kann man das Video bedenkenlos an andere Kontakte weiterleiten, ohne es selbst anzuschauen?»

Darauf folgen weitere Fragen: Was tun, wenn man das Video weitergeleitet hat, es sich aber als Falschinformation entpuppt hat? Den Empfänger:innen Bescheid sagen? Das Video als Falschinformation bei YouTube melden? Nichts tun? Letzteres «ist keine gute Idee», so das Urteil im Test. «Es könnte sein, dass deine Bekannten die Falschnachricht noch weiterverbreiten. Deswegen solltest du sie auf jeden Fall informieren.»

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Der Newstest testet nicht nur das Wissen der Schüler:innen, sondern sensibilisiert sie auch für die Gefahren von Fake News.

SRG

Einstieg ins Thema Fake News

Auch Philipp Käppeli hat den Newstest mit einer Schulklasse durchgeführt. Käppeli unterrichtet am Gewerblichen Berufs- und Weiterbildungszentrum St. Gallen und leitete mit dem Test ins Thema «Fight Fake News» ein.

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Der Test zeigt auf, dass die Medien unsere Vierte Gewalt sind und unsere Demokratie direkt betreffen.»
Philipp Käppeli, Lehrer am Gewerblichen Berufs- und Weiterbildungszentrum St. Gallen.

«Es ist ein super Einstieg, um die Rolle der Medien zu erklären», sagt er. «Der Test zeigt auf, dass die Medien unsere Vierte Gewalt sind und unsere Demokratie direkt betreffen.»

Danach sei es aber wichtig, tiefer in das Thema einzusteigen und unter Umständen Fachpersonen hinzuzuziehen. Käppeli lud eine Journalistin in den Unterricht ein – und lernte sogar noch selbst etwas. «Wir Lehrpersonen haben von vielem ja gar keine Ahnung», sagt er. «Die Jungen wiederum, die wissen oft mehr, als man glaubt!»

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Philipp Käppeli hat den Newstest mit einer Schulklasse durchgeführt und so ins Thema der Fake News eingeführt.

zVg

Käppelis Beobachtung spiegelt sich auch in der Medienkompetenz-Studie wider: Jüngere Generationen schneiden insgesamt besser ab als ältere. Käppeli überrascht das nicht. «Die sind mit dem Internet und Online-Informationen aufgewachsen, meine Generation nicht.»

Als Ergänzung zum Newstest können Lehrpersonen im Unterricht zwei vertiefende Aufgaben einsetzen, die im Rahmen der myidea-Challenge «Fight Fake News» des Schweizerischen Zentrums für Unternehmerisches Denken und Handeln (szUDH) entwickelt wurden. Die Aufgaben können genutzt werden, um mit Lernenden Ideen zu entwickeln, wie Fake News und Desinformation bekämpft werden können. Die Ideen können dann bei der myidea-Challenge «Fight Fake News» eingereicht werden. Die Challenge sowie die Entwicklung der Lernaufgaben zum Thema wurden vom Bereich Public Value der SRG SSR gefördert.

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Carine Hunziker und Sandra Uhlmann stellen bei einer Nachrichtenkompetenztagung in Zürich den Newstest vor.

Michi Steiner

Kürzer, besser verständlich

Der Newstest in seiner neuen, kürzeren Form soll noch einfacher in Kurse integriert werden können – und vor allem verständlich sein. Die ursprüngliche Version sei zu lang und stellenweise zu umständlich formuliert, findet Lehrerin Sandra Uhlmann. «Viele Lernende verstanden zum Beispiel nicht, was ‹unabhängige Medien› sind», erklärt sie. Entsprechend hätten sie Mühe, die Fragen dazu zu beantworten.

«Der Newstest spricht viele Problembereiche an – auch in seiner neuen kürzeren Form», sagt Susan Müller, Vizepräsidentin des szUDH, die die ergänzenden «Fight Fake News»-Aufgaben mitentwickelt hat. «Jede Aufgabenstellung ist gut durchdacht.» Es würden viele Hintergrundinformationen vermittelt, die dabei helfen, Fakten, Meinungen und Fake News zu unterscheiden. «Der Newstest bietet einen gelungenen und spielerischen Einstieg ins Thema Nachrichtenkompetenz. In Kombination mit den Lernaufgaben und den dazugehörigen Vertiefungsaufgaben erhalten Lehrpersonen ein wirkungsvolles Werkzeug, um fundiertes Wissen zu vermitteln und das Bewusstsein dafür zu schärfen, warum Fake News eine ernsthafte Gefahr für unsere Gesellschaft darstellen», sagt Müller.

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Susan Müller ist Vizepräsidentin des szUDH und hat ergänzende «Fight Fake News»-Aufgaben mitentwickelt.

SRG

Philipp Käppeli würde sich vom Test nur eine ergänzende Sache wünschen: Dass er auch KI thematisiert. «Ich erlebe es immer häufiger, dass die Jungen ChatGPT nutzen, anstatt selbst im Internet nach Antworten zu suchen.» Das berge sowohl Chancen als auch Gefahren, die der Newstest aufgreifen könnte.

Noemi Harnickell, Mai 2025

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Die SRG, der Verlegerverband SCHWEIZER MEDIEN und Keystone-SDA schliessen sich mit Unterstützung der Stiftung Mercator Schweiz zusammen, um sich in Zeiten von zunehmender Desinformation gemeinsam für die Förderung der Nachrichtenkompetenz in der Schweiz zu engagieren.