Gegen Polarisierung und den Stadt-Land-Graben: Die SRG trägt zum Zusammenhalt in der Schweiz bei

Der gesellschaftliche Kitt in der Schweiz bröckelt. Woran liegt das? Und wie kann die SRG dagegenhalten? Eine aktuelle Erhebung von gfs.bern zeigt: Für die Bevölkerung ist es klar, dass es die SRG für den Zusammenhalt in unserem Land braucht – besonders im Kampf gegen die politische Polarisierung.

Füreinander da sein. Sich als Einheit fühlen, miteinander kommunizieren und Unterschiede respektieren: Der gesellschaftliche Zusammenhalt ist für den allergrössten Teil der Schweizer Bevölkerung wichtig – wird aber mit Sorge betrachtet. Je nachdem, welche Bevölkerungsgruppe gefragt wird, nimmt ihn ein überwiegender Teil als porös oder gar bröckelnd wahr. So denken 70 Prozent der Bevölkerung, dass der Zusammenhalt aktuell gefährdet ist.

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Fast drei Viertel glauben zudem, dass er in den vergangenen Jahren abgenommen hat. Das zeigt eine aktuelle Befragung von 2’338 Einwohner:innen aus allen Sprachregionen der Schweiz, die das Forschungsunternehmen gfs.bern im Auftrag der Public-Value-Abteilung der SRG im Frühjahr 2025 durchgeführt hat. Die Ergebnisse bestätigen erneut das ernüchternde Bild vom Zustand des gesellschaftlichen Zusammenhalts, das bereits eine Umfrage des Forschungsinstituts Sotomo im Februar sowie eine etwas früher veröffentlichte Erhebung der Universität Luzern zeichneten. Gfs.bern und die SRG wollten aber nicht nur herausfinden, wie es aus Sicht der Bevölkerung um den gesellschaftlichen Zusammenhalt steht. Sondern auch, welche Rolle die SRG für ebendiesen spielt.

Ausgewogene Berichterstattung: Wichtig gegen Polarisierung

Die Resultate zeigen, dass die Rolle der SRG für den sozialen Kitt unumstritten ist. So halten es 90 Prozent der Befragten für wichtig, dass das Medienhaus den Auftrag hat, den Zusammenhalt zu fördern. 72 Prozent geben an, dass die SRG mit ihrem Service public eine zentrale Rolle im Kampf gegen die Spaltung in der Gesellschaft spielt, gerade wenn es um die politische Polarisierung geht. «Mit ihrer Pflicht zur ausgewogenen Berichterstattung ist das Medienhaus besonders geeignet, hierzu einen relevanten Beitrag zu leisten», schreibt gfs.bern im Bericht zur Untersuchung. Eine der befragten Personen, die der SRG diesbezüglich gute Noten gegeben hat, hält als Begründung fest: «Die SRG versucht (und es gelingt ihr gut), verschiedenen Meinungen Raum zu geben und verschiedenste Positionen zu beleuchten.» Diese ausgewogene und sorgfältige Berichterstattung ist wertvoll, denn sie ist ein Mittel gegen Polarisierung. Und diese zählt gemäss WEF-Risikobericht 2025 zu den fünf grössten Gefahren für die Menschheit.

Doch mit welchen Angeboten trägt die SRG konkret zum Zusammenhalt bei? In der Erhebung am häufigsten genannt wurden Informationssendungen, aber auch Diskussionsplattformen und Berichterstattungen über Grossevents und Sportveranstaltungen. «Die SRG schafft Momente, in denen alle in der Bevölkerung gratis dasselbe hören oder sehen: Bundesratswahl, Wahlen/Abstimmungen, Fussball, Ski, ESC», hält eine der befragten Personen fest. Fiktionale Inhalte und Volksmusiksendungen scheinen aus Sicht der Bevölkerung hingegen die geringste Bedeutung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu haben.

«Das hilft für das Verständnis»

Die Befragung beleuchtet zudem die verschiedenen Aspekte des gesellschaftlichen Zusammenhalts – denn der Begriff ist vielschichtig. Und die Frage, was eine Gesellschaft eint, gehört zu den zentralsten und zugleich komplexeren in der sozialwissenschaftlichen Forschung. So wurden die Teilnehmenden etwa danach gefragt, wo sich in ihren Augen die grössten Gräben auftun: Diese orten sie insbesondere zwischen verschiedenen politischen Einstellungen sowie zwischen verschiedenen Bevölkerungsschichten, zwischen Menschen mit und ohne Migrationshintergrund und zwischen Stadt und Land.

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Jeweils die Mehrheit der Befragten ist der Meinung, dass es der SRG aktuell gelingt, zur Schliessung des Grabens zwischen Menschen mit verschiedenen politischen Einstellungen und zwischen Stadt- und Landbevölkerung beizutragen. Auch ihrem Engagement zur Förderung des Zusammenhalts auf gesamtschweizerischer Ebene, zwischen den Sprachregionen und den Geschlechtern gibt eine deutliche Mehrheit der SRG gute Noten. Es gebe immer wieder Sendungen über Menschen, die beispielsweise aufgrund einer Krankheit beeinträchtigt seien, begründet eine teilnehmende Person ihre positive Wahrnehmung der Leistung der SRG. «Ihr Alltag wird dargestellt. Das hilft für das Verständnis von anderen.»

Verbesserungspotenzial: Mehr «kleine Leute» gewünscht

«Luft nach oben» sieht die Bevölkerung laut Bericht hingegen bezüglich des Zusammenhalts zwischen sozialen Schichten und Menschen mit und ohne Migrationshintergrund. «Vielfaltsaspekte sind in der Schweiz sehr präsent», hält eine befragte Person in diesem Zusammenhang fest. Sie wünsche sich, dass das Programm stärker auf diese Vielfalt in der ganzen Bevölkerung ausgerichtet werde. Jemand aus der französischsprachigen Schweiz merkte weiter an, dass RTS im Gegensatz zu den deutschsprachigen Angeboten etwas elitär wirke und den «kleinen Leuten» zu wenig Raum gebe: «Ich würde es begrüssen, wenn nicht immer nur die Vorgesetzten zu Wort kämen, sondern auch die Arbeiter und Angestellten.»

Gegengewicht, Orientierungshilfe und Pfeiler der Demokratie
Abschliessend zeigen die Resultate auch, wie die Bevölkerung die Medienlandschaft in der Schweiz aktuell wahrnimmt. Öffentliche und private Medien werden als Informationsquellen geschätzt und geniessen das Vertrauen der Menschen – ganz im Gegensatz zu Social Media oder Blogs. Unbestritten unter den Befragungsteilnehmenden ist zudem, dass unabhängige Medien unverzichtbar sind: als Gegengewicht zur gesellschaftlichen Spaltung, als Orientierungshilfe in einer immer komplexeren Welt und nicht zuletzt als tragende Säule der Demokratie in der Schweiz.

Malolo Kessler, Oktober 2025

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