Wissen für alle: Wie RTS eine Brücke zur Wissenschaft baut

Die Internetplattform «RTS Découverte» beantwortet Fragen von Kindern und Erwachsenen wissenschaftlich fundiert und bietet Unterrichtsmaterial für Lehrpersonen. «Als öffentliches Medium haben wir die Aufgabe, das Schweizer Wissen zu fördern», sagt Produzentin Tania Chytil. Gleichzeitig sei es ihre Aufgabe, die Öffentlichkeit für die Wissenschaft zu interessieren.

Warum ist die Sonne gelb? Kann eine Tätowierung, die mit einem Laser entfernt wurde, wieder erneuert werden? Und wie entsteht Wut? Es sind Fragen wie diese, welche die Nutzer:innen der populärwissenschaftlichen Internetplattform «RTS Découverte» beschäftigen. Seit 16 Jahren wird auf der Plattform zu zahlreichen Themen aus den Bereichen Wissenschaft, Wirtschaft, Geografie oder Kultur informiert. Nutzer:innen jeglichen Alters können auf «RTS Découverte» eine Frage stellen, die ihnen unter den Nägeln brennt. Die Fragen werden anschliessend von Spezialist:innen beantwortet – indirekt ermöglicht die Plattform also, dass jede Person herausragende Wissenschaftler:innen aus der Westschweiz zu einem bestimmten Thema befragen kann.

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Als öffentlich-rechtliches Medium müssen wir das Schweizer Wissen fördern.»
Tania Chytil, Journalistin und Produzentin von «RTS Découverte»

Ebenfalls bietet die Webseite viele Inhalte für Lehrpersonen und ihre Schüler:innen. Sie sind nach Schulstufen, Themen oder Zielen des Westschweizer Lehrplans (Plan d’étude romand, PER) geordnet. «RTS Découverte» ist aber nicht nur eine Goldgrube für allerlei Wissen. Das RTS-Format engagiert sich zudem für Nachrichtenkompetenz und bietet zahlreiche Workshops an Schulen an. «Als öffentlich-rechtliches Medium haben wir die Aufgabe, das Schweizer Wissen zu fördern und gleichzeitig die Menschen und Kinder dazu zu bringen, sich für diese zahlreichen Forschungsbereiche zu interessieren», sagt Tania Chytil, Journalistin und Produzentin von «RTS Découverte».

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Tania Chytil leitet einen Workshop zur Medienbildung im Klassenzimmer.

Bild: «RTS Découverte»

Wissen im Schaufenster

Für die Wissensvermittlung arbeitet RTS mit den Universitäten und Hochschulen der Westschweiz zusammen. Eine Zusammenarbeit, von der alle profitieren: Die Unis und Hochschulen erhalten ein Schaufenster für ihre Arbeit und das Publikum von RTS bekommt einen privilegierten Zugang zu Wissen. Martine Piguet, Archäologin am Labor für prähistorische Archäologie und Anthropologie der Universität Genf, ist eine der Wissenschaftler:innen, die regelmässig auf «RTS Découverte» präsent sind. Sie engagiert sich seit mehreren Jahren dafür, Wissenschaft populär zu machen, also allgemein verständlich. So organisiert sie Schulworkshops und hält Vorträge in Primarschulklassen.

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Martine Piguet, Archäologin am Labor für prähistorische Archäologie und Anthropologie der Universität Genf.

Bild: Martine Piguet

Piguet teilt die Meinung der Produzentin: Es sei die Pflicht einer Institution, die von der Öffentlichkeit finanziert werde, ebendiese über aktuelle Forschungsergebnisse zu informieren. «Zudem ermöglicht die Popularisierung der Wissenschaft, bestimmte Mythen oder Klischees zu widerlegen, die sich hartnäckig halten und die weiterverbreitet werden.» Es liege in der Verantwortung von Forschenden, solche Mythen zu korrigieren – das gilt laut Piguet umso mehr, weil es diesbezüglich in der Öffentlichkeit eine Nachfrage danach gebe.

Seit wann tragen wir Schuhe? Die Antwort gibt’s im Erklärvideo.

Wissen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, ist aber keine einfache Aufgabe. Martine Piguet erklärt: «Beim Popularisieren muss man präzise und prägnant sein. Als Forscher:in ist das eine komplexe Aufgabe, weil man befürchtet, die Nuancen zu verlieren.»

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KI kann Forscher:innen nicht ersetzen, wenn es darum geht, das Grundwissen zu erwerben.»
Martine Piguet, Archäologin an der Uni Genf

Das Aufkommen von künstlicher Intelligenz und Diensten wie ChatGPT beeinflusst jüngst jedoch die Nachfrage nach populärwissenschaftlichen Informationsvermittlung. Martine Piguet stellt fest, dass bei «RTS Découverte» weniger Fragen eingehen. Dennoch sieht sie die KI nicht als Konkurrenz – sondern eher als ergänzendes Werkzeug. KI könne in der Arbeit mit Daten unterstützen. «Was hingegen das Basismaterial betrifft, kann nur ein Archäologe oder eine Archäologin einen Gegenstand bestimmen, der aus dem Boden geholt wurde», sagt Martine Piguet. Das Grundwissen werde von Forschenden erworben. «Erst nachdem es weitergegeben wird, etwa durch das Publizieren eines wissenschaftlichen Artikels, kann es eine KI nutzen.»

Hilfe für Lehrerpersonen und Schüler:innen

Damit das vorhandene Wissen so gut wie möglich an Lehrpersonen und Schüler:innen weitergegeben werden kann, ist «RTS Découverte» eine Kooperation eingegangen mit der Interkantonalen Erziehungsdirektorenkonferenz der französischen Schweiz und des Tessins (CIIP). «Wir konsultieren die CIIP jeweils, damit wir Journalist:innen so gut wie möglich auf die Bedürfnisse von Lehrkräften eingehen können», erklärt Produzentin Tania Chytil.

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Das Material ermöglicht mir, die Schülerinnen und Schüler stark in ein Thema einzubinden.»
Jacqueline Zürcher, Französischlehrerin an der Sekundarschule in Tramelan (BE)

Jacqueline Zürcher, Französischlehrerin an der Sekundarschule in Tramelan (BE), ist zufällig auf «RTS Découverte» gestossen. Sie war überrascht, als sie auf dem Schulhof einige rassistische Äusserungen hörte, und wollte das Thema im Unterricht aufgreifen. Bei der Internetrecherche nach entsprechendem Unterrichtsmaterial stiess sie auf die Plattform. Heute nutzt Jacqueline Zürcher sie regelmässig, vor allem um die fächerübergreifenden Fähigkeiten ihrer Schüler:innen zu fördern und gesellschaftliche Themen zu behandeln. So etwa das Thema Meinungsfreiheit: Ihre Schüler:innen schauten Videos und versuchten, Argumente für oder gegen die Meinungsfreiheit zu sammeln. Dabei hätten sie festgestellt, dass sie eigentlich eine differenzierte Meinung zum Thema haben und seien danach in der Lage gewesen, zu argumentieren und weniger extreme Positionen zu vertreten. «Das Material ermöglicht mir, die Schülerinnen und Schüler stark in ein Thema einzubinden», sagt Jacqueline Zürcher. Die Lehrerin schätzt die Möglichkeit, dank «RTS Découverte» auf Videos zugreifen zu können. «Das erleichtert meinen Schüler:innen die Arbeit. Denn sie sind noch jung und bei manchen ist das Lesen noch ein Problem.»

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Nutzt die Plattform regelmässig für den Unterricht: Jacqueline Zürcher, Französischlehrerin an der Sekundarschule in Tramelan (BE).

Bild: Jacqueline Zürcher

Erlebte Nachrichtenkompetenz: Radio im Schulzimmer

Mit Formaten wie «Y’a pas école?» oder dem Prix RTS Littérature Ado engagiert sich «RTS Découverte» für die Medienbildung der Jüngsten. So arbeitet RTS an der Semaine des médias à l’école mit und bietet das ganze Jahr über die Workshops «C’est la classe» an. Dabei besucht ein Team von Journalist:innen Schulklassen in der Westschweiz und produziert mit den Kindern eine Radiosendung. Dabei lernen sie etwa, in ein Mikrofon zu sprechen oder ein Interview zu führen.

Indem «C’est la classe» Kindern das Wort gibt, ermöglicht das Format auch, Berührungsängste zwischen Generationen abzubauen. Denn die Kinder sprechen eine Stunde lang mit Erwachsenen und erzählen ihnen von ihrer Realität, ihrer Weltanschauung und ihrer Art, Themen wie Diskriminierung oder Scheidung anzugehen.

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«C’est la classe» im Jahr 2022 zu Besuch in Cressy, Genf.

Bild: «RTS Découverte»

«Durch diese praktische Ausbildung wird Medienkompetenz vermittelt», erklärt Tania Chytil. «Als öffentliches Medium haben wir das Glück, nicht nur Theorie, sondern auch und vor allem Praxis anbieten zu können. Und Kinder lernen viel schneller, wenn sie etwas tun können.»

Lucie Donzé, Oktober 2024

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